Als Hans Sperling in allen Gassen kann man in diesem episch-anmutenden Piratenbrettspiel mit eigenem Schiff und Mannschaft sein Glück in der Spanish Main suchen. Genau dem Meeresgebiet zwischen den beiden Amerikas, das schon viele Buch-, Spiel- und zuletzt natürlich die Filmhelden von „Pirates of the Carribean“ als ihre Heimat kannten und das auch bei „Korsaren der Karibik“ voller Abenteuer, Gold, Ruhm und Reichtum steckt
Zu Zeiten des spanischen Weltreiches galt die Spanish Main als Eldorada für Glücksritter vor allem einer Art, der der Seeleute. Egal ob Kauffahrer oder Korsar, im Gebiet der heutigen Karibik tummelten sich damals alle seefahrenden Nationen und so ist es nur folgerichtig, dass wir in „Korsaren der Karibik“ zunächst einmal selbst in die Rolle eines Kapitäns aus Spanien, England, den Niederlanden oder Frankreich schlüpfen. Denn zum Piraten geboren war man damals genauso wenig wie heute.
Dazu berufen fühlen wir uns (vor allem die Älteren unetr uns) aber mindestens seit einem Vierteljahrhundert seit im Jahre 1987 das Computerspiel „Pirates“ die Herzen aller Möchtegern-Freibeuter höher schlagen lies. Den jüngeren dürfte die Spielart nur noch aus einem Online-Abklatsch wie „SeaFight“ oder ähnlichen Spielen bekannt sein. Als Kapitän eines eigenen Schiffes konnte man sich bei „Pirates“ auf verschiedenste Arten und Weisen verdingen, das deckte die Piraterie genauso ab, wie das Erfüllen von Aufträgen, Handel zu treiben und natürlich das eigene Schiff aufzurüsten! All das kann man nun auch im Brettspiel „Korsaren der Karibik“ erleben. Dabei haben es die beiden Autoren geschafft, sowohl den Flair des Piraten- und Seemannsleben einzufangen, als mit schlauen Regeln für eine Einfachheit beim Spielen selbst zu sorgen, dass selbst Digitalpiraten schwach werden.
Bei „Korsaren der Karibik“ kann man auf viele Arten und Weisen gewinnen. Das Spiel, in dem alle teilnehmende Leichtmatrosen in jeder Runde drei Aktionen durchführen können, glänzt durch seine absolute Offenheit, was die Siegbedingungen angeht. Alles wird via Würfelwurf entschieden und am Ende in Ruhmpunkten gemessen. Diese aber kann man unter anderen aus großen Schätzen, sprich dem eigenen verdienten oder erbeuteten Gold, erhalten. Oder aber durch das Besiegen von anderen Spielercharakteren oder den so genannten NSCs, sprich Nicht-Spieler-Charakteren, und dem Aufbringen von Kauffahren, die unter anderem das Salz in der Karibik-Suppe ausmachen. Wer als Händler die Nachfrage nach Produkten im Wirtschaftsgefüge der Inselstädte befriedigt, kann genauso Ruhm ernten wie Kapitäne, die sozusagen als Auftrag mehr über Gerüchte im Laufe des Spiels herausfinden. Zudem erhält man einen der zehn nötigen Ruhmpunkte, wenn man es schafft sich eine Fregatte oder Galeone zu kaufen.
Zu Beginn des Spiels kann man sich ein einfaches Schiff wie Schaluppe oder Fleute aussuchen, später zu besagten Galeonen und Fregatte wechseln, unter Umständen sogar ein Man-O-War-Schiff ergattern. Alle Schiffe verfügen über Werte für die Widerstandsfähigkeit, einen Frachtraum, die Mannschaft, Kanonen und die Manövrierbarkeit des Schiffes. Welche Art von Schiff man nehmen sollte und in welcher Richtung man sich entwickeln möchte, hängt maßgeblich von der Auswahl des anfänglichen Kapitäns ab, welcher zufällig aus einem Stapel von 16 möglichen gezogen wird. Dieser oder diese, es gibt auch weibliche Schiffsanführer, verfügen wiederum über die Fähigkeiten Seemannskunst, Suchen, Führungskraft und Einfluss. Ein Pirat dürfte auf Suchen und Seemannskunst wert legen, denn für zukünftige Freibeuter sind Frachtraum und Einfluss nicht so interessant, wie für einen Händler, der alle Häfen anlaufen darf.
Als ehrbarer Seefahrer kann man im Normalfall alle 16 Häfen auf den 17 verfügbaren Spielfelder anlaufen um zu handeln, die Werft zu besuchen, um sein Schiff reparieren zu lassen oder ein neues zu kaufen, neue Mannschaft(en) aufzunehmen, Gerüchte (Aufträge) aufzuschnappen oder im Heimathafen sein sauer erworbenes Gold in Sicherheit zu bringen. Piratiges Gimmick ist die handtellergroße kartonierte Schatztruhe, in der man sein Gold vor den anderen verstecken kann und soll. Denn solange Gold, Fracht und andere Dinge auf dem eigenen Schiff, sprich dem Kapitänsbrett liegen, können sie jederzeit bei einer Niederlage gegen einen anderen Seefahrer verloren gehen.
Das Kapitänsbrett dient dabei jedem Spieler als persönliche Schaltzentrale seiner Schiffsmacht, während er seine drei Aktionen auf dem in Form einer Landkarte gestalteten Spielplan durchführt. Diese möglichen Aktionen umfassen dabei „bewegen“, „suchen“ oder „Hafen“. Bei „bewegen“ kann man sein Schiff über den Spielplan bewegen, wobei das Ansteuern eines Hafens sowie das Auslaufen innerhalb eines Spielplanabschnitts ebenfalls eine „bewegen“-Aktion kostet. Wer suchet, der findet und bei „Korsaren der Karibik“ sind das auf offener See Kauffahrer sowie NSC-Schiffe, welche zu Beginn einer Runde aller Spieler über Ereigniskarten ins Spiel kommen, und die Schiffe der anderen Mitspieler. Nur wer über eine Würfelaktion die mögliche Beute findet, kann diese versuchen aufzubringen. Aber obacht, während Kauffahrer im Vergleich leichtere Beute darstellen, sind die NSC-Schiffe und ihre Kapitäne oft härtere Brocken. Hat man sich durch den Überfall auf Schiffe einer Nationalität bereits einen Ruf als Pirat erworben, wird man von diesen gesucht und kann selbst aufgebracht werden.
Diese exzellenten Spielmechanismen für die Spieler, aber nicht Länder unabhängigen Schiffe, sorgen für ständigen Hochbetrieb auf dem Meer. Bei „Korsaren der Karibik“ ist so in jeder Runde immer was los, auch bei nur zwei Spielern. Etwas, was alle Kapitäne lieben, ist das Auf- und Ausrüsten des eigenen Kahns. Egal, ob Zusatzwaffen wie Kettengeschosse oder Kartätschen, Verbesserungen des Schiffsrumpfes, dem Kauf einer Extra-Kanone, weiteren Lagerraum, Takellage und Segel oder Hängematten für eine zusätzliche Mannschaft, nie scheint das eigene Schiff fertig. Und so fürchtet mancher Kapitän die schnellen Ruhmpunkte und das damit verbundene viel zu schnelle Spielende mehr als die Kanonen seiner Gegner. Lieber mal den eigenen Kapitän sterben sehen (man heuert dann einfach einen neuen an, der Ruhm und gesichertes Gold seines glücklosen Vorgängers übernehmen darf), als zu schnell dem Abspann entgegen segeln. Dafür ist die Seefahrerzeit bei „Korsaren der Karibik“ einfach zu schön.
FAZIT | Was hier zu einem fairen Preis in praktischer Verpackung an Masse und Klasse geliefert wird, lässt ähnlich episch gedachte Spiele in luftleeren Ameritrash-Großboxen schlecht aussehen. Kein Wunder: Kommen doch die Autoren von „Korsaren der Karibik“ aus Europa. Seeräuberspektakel wie man es sich seit Sid Meiers digitalem „Pirates“-Spiel lange gewünscht hat, haben uns die ansonsten noch unbekannten dänischen Spieleautoren zu Tisch gebracht. Eigentlich müsste es Seefahrerspektakel heißen, schließlich kann man sogar als ehrliche Haut gewinnen, so fern man Händler – man denke an die Ostindien-Fahrerfirma in einem bekannten Piratenfilmfranchise – als solche bezeichnen mag. Aber ehrlich gesagt: Ehrlich zu bleiben fällt in diesem exquisiten Piratentitel gerade mit fortschreitender Spieldauer zunehmend schwer(er). Zu verlockend ist die Fracht und Gold der anderen Schiffe und vor allem die der Mitspieler. Zudem fühlt man sich mit fortdauernder Spielzeit dank immer größerem Schiff und allerlei Verbesserungen am eigenen Boot zu allem befähigt. „Korsaren der Karibik“ bietet für ein Brettspiel außergewöhnliches Flair. Ein episches Spiel mit viel Tiefgang und großen Herausforderungen, dessen Regeln konsequent einfach umgesetzt wurden.
Habe mir das Spiel als Fan der alten Piratesspiele gekauft. Nette kleine Schiffe die man in den bekannten Häfen der Karibik schicken kann, um dort Handel zu treiben. Und hin und wieder ein kleiner Überfall mit Kaperbrief, um seinen Ruf und Goldvorrat zu erhöhen.
Bisher konnte ich das Spiel aber noch nicht testen und suche nun freiwillige Mitpiraten, die mal Lust haben, mit mir die Karibik unsicher zu machen.